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Wesensveränderung im Alter – Was steckt dahinter und Umgang als Angehöriger

 

Menschen verändern sich ihr Leben lang, denn ihre Erfahrungen und Erlebnisse prägen ihre Persönlichkeit. Als Erwachsene sind diese Veränderungen jedoch weniger stark ausgeprägt, da man üblicherweise die Grundpfeiler des eigenen Ichs bereits verankert hat. Im höheren Alter kann es jedoch durchaus noch einmal zu einer ausgeprägteren Wesensveränderung kommen.

Durch verschiedene Ursachen können sich lang gefestigte Persönlichkeiten sehr stark wandeln: manche werden aggressiv, manche offener, manche leiden unter Altersstarrsinn oder Depression. Für die Angehörigen ist dies meist nicht leicht, insbesondere, wenn eine schwerwiegende Krankheit die Ursache ist oder sich die Beziehung zur erkrankten Person radikal verschlechtert.

Was versteht man unter Wesensveränderung?

In der Medizin spricht man von einer Wesensveränderung, wenn sich das Verhalten eines Menschen stark verändert und Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen zeigt. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob die Veränderung durch eine vorübergehende Ursache eintritt oder permanent bleibt.

Meist handelt es sich um eine plötzlich auftretende oder zumindest subjektiv als plötzlich auftretend empfundene Veränderung wie Aggression, sozialen Rückzug, Depression oder Starrsinn. Plötzlich bedeutet dabei nicht, dass ein Geschehnis sprichwörtlich von einem Tag auf den anderen eintritt, sondern ein Prozess, der schleichend eintritt und irgendwann so deutlich wird, dass er subjektiv eine Schwelle des Bemerkens übertritt.

Plötzliche Aggression im Alter

Wenn Krankheiten auf die Nervenbahnen im Gehirn einwirken, können auch Hemmschwellen temporär oder vollständig herabgesetzt werden. Dann steigt die Aggressionsbereitschaft und es sinkt die Frustrationstoleranz.

Gleichzeitig ist Aggression auch eine häufige Folge aus Angst. Typisch ist beispielsweise bei Demenzbetroffenen das Gefühl, sich verteidigen zu müssen gegen die für sie fremde Umgebung und fremde Menschen, die ihrerseits aber sich wie Vertraute verhalten.

Der sogenannte Altersstarrsinn

Der sogenannte Altersstarrsinn hat keine feste Definition und auch keine eindeutige Ursache. Einige Menschen verlieren schlicht mit zunehmendem Alter an Kompromissbereitschaft, wollen sich neuen Ideen weniger öffnen oder tun sich schwerer damit, eigene Fehler einzugestehen.

Doch wesentlich mehr Personen hadern damit, zu akzeptieren, dass sie nicht mehr so selbstständig in den eigenen vier Wänden leben können, wie sie es bisher gewohnt waren. Hilfe zu erbitten, erfordert die Bereitschaft, sich einzugestehen, dass man für etwas Hilfe braucht, was jahrzehntelang selbstverständlich war. Für die meisten ist es schwierig, den Punkt zu sehen, an dem Hilfe notwendig wird, weil sich die eigene Handlungsfähigkeit nur langsam verschlechtert und somit lange im Graubereich des noch Schaffbaren bleibt.

Kommen dann noch gut gemeinte Ratschläge und unaufgeforderte Hilfsangebote dazu, fühlen sich viele schnell bevormundet und auf den Verlust der Selbstständigkeit zu deutlich hingewiesen. Oft löst dies eher den Reflex „Jetzt erst recht“ aus, denn gute Ratschläge greifen auch die Bedeutung der eigenen Lebenserfahrung an.

Verwirrung und Desorientierung

Desorientierung kann räumlich, örtlich, zeitlich oder persönlich auftreten. Die Person wirkt verwirrt auf die Außenwelt, ist aber in der eigenen Realität verankert. Auf die Frage nach dem aktuellen Datum, dem aktuellen Aufenthaltsort oder persönlichen Daten wie Name, Adresse oder Lebensgeschichte antwortet sie vage oder falsch. Je nach Ursache kann die Person jedoch der festen Überzeugung sein, dass ihre Angaben der Realität entsprechen.

Diese Desorientierung kann in Angst oder sogar Aggression umschlagen. Denn die verwirrte Person befindet sich subjektiv in einer bedrohlichen Situation: Sie empfindet eine Realität, die von anderen angezweifelt wird. Sich auf die eigene Wahrnehmung aber nicht verlassen zu können, macht vielen Menschen dann Angst, während andere ihre Wahrnehmung verteidigen wollen und sich angegriffen fühlen.

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Gründe für Wesensveränderungen im Alter

So verschieden die Menschen sind, so wenig verschieden sind häufig die Gründe, weshalb sie beginnen, sich im Alter zu verändern. Oft werden nur die Ausprägung und der Verlauf der Veränderung individuell aus der Lebensgeschichte heraus gespeist, während die Grundursache doch eine verbreitete körperliche oder psychische Erkrankung oder in einer Krise infolge psychischer Belastung liegt.

Wesensveränderungen durch körperliche Krankheit

Mit dem Alter steigt das Erkrankungsrisiko sprunghaft für eine Reihe von Krankheiten an. Viele alterstypische Erkrankungen sind dabei neurologischer Natur oder wirken indirekt auf das Gehirn ein.

Am bekanntesten ist die Demenz, eine degenerative Gehirnerkrankung. Dabei werden Nervenzellen des Gehirns zerstört und so fast symbolhaft der Mensch Stück für Stück seiner selbst beraubt.

Da sie ganz unterschiedliche Bereiche des Gehirns betrifft und auch keine feste Verlaufszeit hat, sind die Symptome und die Krankheitsdauer sehr individuell. Meist verläuft sie jedoch schleichend, weil Betroffene sie lange kompensieren und verheimlichen können.

Einige psychische Erkrankungen wie die Schizophrenie können zudem auch im Alter noch zum ersten Mal ausbrechen. Oft ist eine ausreichende Behandlung dann stark erschwert durch weitere vorhandene Krankheiten, insbesondere neurologische Defizite.

Veränderungen als Folge von psychischer Belastung

Auch indirekt wirken sich Krankheiten auf das Verhalten und die Persönlichkeit von Menschen aus. Der Verlust der Autonomie und Hilflosigkeit gegenüber dem eigenen Körper, ist eine nicht zu unterschätzende psychische Belastung.

Jahrzehnten der Selbstständigkeit folgt nun immer mehr der Bedarf an Hilfe für teilweise höchstpersönliche Lebensbereiche wie die Körperhygiene oder die Nahrungsaufnahme. Das zu akzeptieren und um Hilfe zu bitten, fällt vielen nicht leicht.

Aus dieser Hilflosigkeit resultieren dann Wut, Frust und Aggression.

Auch andere Krisen erschweren das Leben im Alter wie Todesfälle nahestehender und geliebter Menschen, der Wandel im vertrauten Wohnumfeld und die sich immer schneller verändernde Welt. Eine solche Belastung macht müde und gereizt und wirkt langanhaltend auch stark nach.

Vorübergehende Ursachen für Wesensveränderung

Typische Ursachen für eine vorübergehende Wesensveränderung können auch Nebenwirkungen eines Medikaments oder eine behandelbare Krankheit wie eine Hirnhautentzündung sein.

Sie können unterschiedlich auf das Hirn wirken und damit auch das ganze Verhalten, scheinbar auch die Persönlichkeit eines Menschen verändern. Meist sind sie aber mit der richtigen Behandlung reversibel und bleiben folgenlos.

Was Angehörige bei einer Wesensveränderung tun können

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Oft stehen Angehörige hilf- und ratlos vor der veränderten Situation. Der Mensch, den sie so lange kannten und schätzten, verhält sich unverständlich, vielleicht sogar feindlich. Man fühlt sich schnell abgelehnt oder ungerecht behandelt, aber vor allem fällt es schwer, die neue Situation zu akzeptieren.

Die Verbindung und Verbundenheit wird fragil, wenn die Vertrautheit zu bröckeln beginnt und der Gegenüber einem fremd zu werden scheint. Daher ist es wichtig, sowohl den veränderten Menschen mit Nachsicht und Verständnis zu begegnen, als auch die eigenen Ressourcen zu schonen.

Umgang mit Altersstarrsinn

Sturheit lässt sich nicht mit Sturheit besiegen. Gleichzeitig muss aber auch nicht allem nachgegeben und alles verziehen werden.

Finden Sie am besten den springenden Punkt für die Beharrlichkeit Ihres Gegenübers heraus. Wertschätzen Sie ihre Lebensleistung und Erfahrung, wenn sie sich ungesehen, bevormundet oder missachtet fühlen. Gerade von den eigenen Kindern, die man lange auf die Welt vorbereitet und verantwortungsvoll erzogen hat, ist es schwierig, im Gegenzug Ratschläge oder Hilfe anzunehmen.

Sehen Sie Angst, Verzweiflung oder Sorgen und versuchen Sie zu helfen, diese zu lösen oder zu verstehen.

Schalten Sie auch ruhig vertraute Dritte mit ein, wenn es zu Konflikten kommt. Denn die Beziehung zur Hausärztin ist weniger von Emotionen und Verletzungspotential geprägt als das Verhältnis zu Ihnen. Dadurch sind Betroffene oft kompromissbereiter und zeigen sich offener für Argumente.

Will ein Angehöriger lebensnotwendige Hilfe nicht annehmen oder einsehen, sollten Sie auf jeden Fall professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Pflegekräfte von ambulanten Pflegediensten sind auf diese Situationen vorbereitet und können sie sicher und professionell handhaben. Zudem ist es für die Beziehung zwischen Ihrer Angehörigen und Ihnen gesünder, wenn sich Abneigung oder andere negative Gefühle gegen Dritte richten statt gegen Sie.

Greifen Sie auch auf die Hilfe des ganzen sozialen Umfeldes zurück. Manche Gespräche laufen besser zwischen langjährigen Freundinnen in ähnlicher Lebenssituation, da diese auch eigene Erfahrungen teilen können.

In jedem Fall sollten Sie darauf achten, dass Sie möglichst nur dort eingreifen und Hilfe leisten, wo es erbeten oder absolut notwendig ist. Selbst wenn ein Agieren Ihrerseits eine schnelle und deutliche Verbesserung darstellt, sollten Sie die Autonomie immer als höchstes Gut schützen und bewahren.

Umgang mit Demenz

Jemanden während einer Demenzerkrankung zu begleiten, ist schwer. Viele beschreiben, dass sie zusehen, wie ein geliebter Mensch vor den eigenen Augen zerfällt und zu einer unbekannten Person wird.

Deswegen werden an vielen Stellen auch Selbsthilfegruppen für Angehörige angeboten, deren Nutzung sehr zu empfehlen ist. Machen Sie sich klar, dass die Wesensveränderung Auswirkung einer Krankheit ist und nichts mit Ihnen oder Ihrer Beziehung und gemeinsamen Geschichte zu tun hat. Welche Hirnareale betroffen sind, hängt von vielen Faktoren ab, die größtenteils nicht zu beeinflussen sind, ebenso wie der Ausbruch an sich.

Als Angehöriger auf sich achten

Wesensveränderungen sind schwierig zu ertragen, da sie immer auch ein Stück von einem selbst angreifen. Daher ist wichtig, dass Angehörige auf ihre eigene psychische Gesundheit achten und sich gegebenenfalls auch Hilfe suchen. Es ist ratsam, sich ausführlich über die Ursachen zu informieren und die Folgen der Wesensveränderung nicht allein zu schultern. Außerdem sollten sie sich nicht zu viel zumuten, wenn nötig professionelle Hilfe holen und Stress reduzieren.

Es ist besonders wichtig, dass sie der betroffenen Person mit viel Taktgefühl entgegentreten. Trennen Sie immer zwischen den Folgen der Erkrankung und dem Menschen, den Sie kennen. Das ist besonders dann wichtig, wenn die Veränderung aufgrund einer nicht heilbaren Erkrankung eintritt und einen sich verschlechternden Lauf nimmt.

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