Pflegegrad 1 – Leistungen, Geld, Voraussetzungen & Tabelle
Pflegegrad 1 Voraussetzungen ✓ Leistungen ✓ Pflegeunterstützungsgeld ✓ Begutachtung MD ✓ Pflegehilfsmittel ✓ Wohnraumanpassung ✓ Antragstellung ✓
Stand 10. Januar 2025
Seit 2018 wird die Pflegebedürftigkeit nach Pflegegrad 1 - 5 unterschieden, die sich nach der Einschränkung der Selbstständigkeit und dem Bedarf an Hilfe richten. Durch diese Umstellung der einstigen Pflegestufen erhalten nun mehr Menschen die individuelle Unterstützung, die sie tatsächlich brauchen.
In Pflegegrad 1 sind diejenigen zugeordnet, die in ihrer Selbstständigkeit und ihren Fähigkeiten nur geringfügig eingeschränkt sind. In diesem Artikel erfahren Sie mehr dazu, welche Voraussetzungen für die Einstufung in den Pflegegrad 1 vorliegen müssen und welche Leistungen Ihnen damit zustehen.
Wann erhält man den Pflegegrad 1?
Die Pflegegrade sind klar gesetzlich umrissen und definiert. Die Bewertung, wie stark sowohl die körperlichen als auch die geistigen Fähigkeiten des Betroffenen eingeschränkt sind, erfolgt mit einem Punktesystem, mit dem auch die Pflegebedürftigkeit bewertet wird. Damit der Pflegegrad 1 gewährt wird, muss mindestens eine Punktzahl von 12,5 Punkten erreicht werden. Der Wert darf 27 Punkte aber nicht übersteigen.
Waren früher bei den Pflegestufen auch der notwendige Pflegeaufwand relevant, so spielt dies bei den Pflegegraden nur eine untergeordnete Rolle. Im Pflegegutachten ist dies dennoch aufzuführen und bei der Begutachtung auch zu berücksichtigen.
Wer in seinem Alltag und seiner Selbstständigkeit nur geringfügig eingeschränkt ist und damit einen vergleichsweise geringen Hilfebedarf hat, kann den Pflegegrad 1 erhalten.
Das umfasst etwa motorische Einschränkungen, wenn Erkrankungen des Bewegungsapparates vorliegen oder zum Beispiel eine Restlähmung nach einem erlittenen Schlaganfall den Betroffenen noch beeinträchtigt. Ebenso kann ein Pflegegrad 1 aber auch durch eine psychische Erkrankung oder Verminderung der kognitiven Fähigkeit gewährt werden.
Pflegegrad 1: Die Kriterien der Begutachtung
Die Begutachtung und Zuerkennung eines Pflegegrades erfolgt bei gesetzlich Versicherten durch den Medizinischen Dienst, kurz auch MD. Sind Sie privat krankenversichert, übernimmt diese Aufgabe MEDICPROOF. Dabei bleibt der Vorgang der Begutachtung immer der Gleiche, auch die geprüften Bereiche sind immer dieselben.
Für das Gutachten kommt eine bestellte Gutachterin zu Ihnen nach Hause, üblicherweise reicht ein Termin dafür aus. Ist die Begutachtung aus Gründen nicht bei Ihnen Zuhause möglich, ist alternativ auch ein Telefontermin ausreichend.
In der Begutachtung werden 6 Themenfelder bewertet, die in insgesamt 16 Kriterien die Gesamtpunktzahl festlegen. Diese Themenfelder werden dabei unterschiedlich gewichtet, wobei die Selbstversorgung mit 40 Punkten den deutlich größten Anteil ausmacht.
Mobilität (10 Punkte)
Mobilität ist ein wichtiges Kriterium bei der Begutachtung für den Pflegegrad 1. Es geht zum Beispiel darum, ob der Versicherte noch selbständig Treppensteigen oder eine gewisse Strecke allein oder mit Hilfsmitteln zu Fuß bewältigen kann. Außerdem wird geprüft, ob er etwa allein und ohne fremde Hilfe aus dem Bett aufstehen kann.
Kognitive Fähigkeiten und Kommunikation (7,5 Punkte)
Bei diesem Kriterium geht es darum, dass der Betreffende noch alltägliche Angelegenheiten selbständig organisieren kann. Dabei spielt es eine Rolle, ob eine zeitliche und örtliche Orientierung möglich ist und ob noch eigenständig Entscheidungen getroffen werden können. Besonders wichtig ist hier die Einschätzung, ob Risiken noch erkannt und folgerichtig eingeschätzt werden oder ob sich der Betreffende selbst durch Unachtsamkeit gefährdet.
Verhaltensweise und psychische Problemlagen (7,5 Punkte)
Hier ist festzustellen, ob es immer wieder zu psychischen Auffälligkeiten kommt oder ob der Betreffende Phasen im Alltag durchlebt, in denen er motorisch unruhig ist. Gerade solche Details geben viel Aufschluss über den Bedarf an Unterstützung von Dritten.
Darüber hinaus wird geprüft, ob eine psychische Erkrankung vorliegt wie Wahnvorstellungen, und ob der Betroffene mehr als früher zu Aggressivität oder Ängsten neigt.
Selbstversorgung (40 Punkte)
Zu den Aspekten der Selbstversorgung zählen unter anderem die eigenständige Körperhygiene oder auch das selbstständige Ankleiden und die Zubereitung von Mahlzeiten. Hier genügen manchmal kleinere Hilfestellungen, damit sich der Betreffende weitgehend selbst versorgen kann.
Dieses Kriterium macht den größten Anteil aus, da die Unterstützung bei Pflegegraden insbesondere diesen Aspekt im Fokus hat.
Umgang mit Anforderungen und Belastungen aufgrund von Therapien oder Krankheiten (20 Punkte)
Gerade ältere oder auch pflegebedürftige Personen sind häufig darauf angewiesen, Medikamente einzunehmen oder individuelle Therapien zu absolvieren. Deshalb ist hier festzustellen, ob der Betreffende das noch eigenständig bewältigen kann bzw. wie viel Hilfe er dazu benötigt, damit die eigene Gesundheit gewährleistet ist. Dieser Punkt ist essentiell, um den notwendigen Hilfebedarf richtig einschätzen zu können.
Gestaltung des Alltags und soziale Kontakte (15 Punkte)
Einsamkeit und Langeweile prägen oft den Alltag älterer und pflegebedürftiger Menschen. Daher gilt es für die richtige Einschätzung des notwendigen Unterstützungsbedarfes auch zu klären, ob sich der Betreffende selbst beschäftigen kann und ob er noch eigenständig soziale Kontakte herstellt und pflegt.
Welche Leistungen können bei Pflegegrad 1 gewährt werden?
Wird bei der Begutachtung der Pflegegrad 1 festgestellt, können Sie ab diesem Zeitpunkt unterschiedliche Leistungen in Anspruch nehmen. Festgestellt wird in diesem Zusammenhang aber, dass der Pflegebedürftige noch grundsätzlich in der Lage ist, seinen Alltag selbstständig zu bewältigen. Damit ist der Hilfebedarf noch als eher gering einzuschätzen, weswegen sich eine Begrenzung der Leistungen der Pflegekasse ergibt.
Entlastungsbetrag für den Alltag
Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Unterstützung ist beim Pflegegrad 1 der sogenannte Entlastungsbetrag in Höhe von 131,00 Euro pro Monat. Damit können Sie individuell die Hilfe organisieren und finanzieren, die Sie tatsächlich brauchen. Das kann eine Putzhilfe im Haushalt sein, aber auch Hilfe beim Einkaufen oder stundenweise Betreuung oder Vergesellschaftung.
Wohnraumanpassung
Wohnt der Pflegebedürftige noch in seinen eigenen vier Wänden, kann es sein, dass bauliche Adaptierungen notwendig sind oder abzusehen ist, dass sie notwendig werden. Dafür können Sie einen Zuschuss zur Wohnraumanpassung beantragen. Dieser Zuschuss wird pro Maßnahme gewährt und ist auf maximal 4180,00 Euro begrenzt.
Sie können diesen Zuschuss grundsätzlich nur einmal erhalten. Sollte sich der Zustand Ihres Angehörigen jedoch so ändern, dass eine Höherstufung des Pflegegrades erfolgt, kann der Zuschuss für eine neue Maßnahme unter Umständen erneut gewährt werden.
Pflegeunterstützungsgeld
Das Pflegeunterstützungsgeld kommt pflegenden Angehörigen zugute, die im akuten Fall die Pflege kurzfristig übernehmen und dadurch einen Lohn- oder Gehaltsverlust erleiden. Es übernimmt die Fortzahlung des Lohns oder Gehalts für bis zu 10 Tage. Das Pflegeunterstützungsgeld können Sie allerdings nicht beantragen, wenn Sie sich bereits in Pflegezeit oder Familienpflegezeit befinden.
Wie die Freistellung zur Pflege von Angehörigen gesetzlich geregelt ist, erfahren Sie in unserem Beitrag „Freistellung zur Pflege von Angehörigen – Was steht mir zu?”.
Hilfsmittel zur medizinischen Versorgung und täglichen Pflege
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 können für Pflegehilfsmittel, die sie regelmäßig benötigen, einen Zuschuss beantragen. Das betrifft vor allem Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, also z.B. Desinfektionsmittel oder Einmalhandschuhe. Dieser beträgt pauschal 42,00 Euro monatlich und wird von der Pflegekasse geleistet.
In die Kategorie der technischen Hilfsmittel fällt die Installation eines Hausnotrufes. Für die monatlichen Betriebskosten gibt es hierbei einen pauschalen Zuschuss von bis zu 30,35 Euro, sofern andere Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind.
Für digitale Pflegeanwendungen gibt es bis zu 53,00 Euro monatlich. Dies umfasst z.B. Pflege-Apps, Webanwendungen oder Software, die direkt von der pflegebedürftigen Person oder in Interaktion mit dieser helfen, Selbstständigkeit zu wahren oder einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken. Dabei gilt die Kostenübernahme wie bei physischen Hilfsmitteln nur für diejenigen Anwendungen, die im amtlichen Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen aufgelistet sind.
Pflegeberatung und Pflegekurse
Ab dem Pflegegrad 1 haben Sie Anspruch auf eine jährliche kostenlose Pflegeberatung. Diese wird in den meisten Bundesländern vom Pflegestützpunkt organisiert, der Sie mit einer zertifizierten Pflegeberatung in Kontakt setzt. Alternativ können Sie sich auch an ambulante Pflegedienste, kommunale Pflegeberatungsstellen oder Beratungsstellen von sozialen Trägervereinen selbst wenden.
In Pflegekursen können Angehörige die Pflege von Grund auf lernen und sich weiterbilden. Die Schwerpunkte sind dabei vielfältig, um ein breites Spektrum an individueller Pflege zu gewährleisten. Durchgeführt werden diese Kurse von sozialen Trägern, Volkshochschulen, Pflegediensten und gemeinnützigen Organisationen.
Überblick: Leistungen beim Pflegegrad 1
Leistung |
Anspruch |
Entlastungsbetrag |
131,00 € |
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch |
42,00 € |
Digitale Pflegeanwendungen |
53,00 € |
Technische Pflegehilfsmittel |
ja |
Hausnotruf |
30,35 € |
Wohnraumanpassung |
4180,00 € (pro Maßnahme) |
Pflegeberatung |
1x jährlich |
Pflegekurse für Angehörige |
ja |
Pflegeunterstützungsgeld |
ja |
Wohngruppenzuschuss |
224,00 € |
Pflegegeld |
Kein Anspruch |
Kurzzeit- und Verhinderungspflege |
Kein Anspruch |
Welche Leistungen werden bei Pflegegrad 1 nicht gewährt?
Bei Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Pflegegeld. Die Leistungen für Inanspruchnahme der Pflegesachleistungen müssen zudem von einem professionellen Pflegedienst erbracht werden.
Ist Ihr Angehöriger stationär oder auch nur teilstationär untergebracht, werden diese Leistungen nicht durch die Pflegekasse gedeckt. Auch Leistungen aus der Kurzzeit- oder Verhinderungspflege können bei Pflegegrad 1 noch nicht in Anspruch genommen werden.
Reform der Pflegegrade schließt Versorgungslücke
Bis zur Änderung der Einteilung in Pflegegrade gab es seitens der Betroffenen häufig die Problematik, dass Pflegebedürftige zwar Hilfe benötigten, diese aber nicht so umfassend war, dass Pflegestufe 1 vorlag. Dennoch hatten die Betroffenen erheblichen Bedarf an entsprechenden Hilfeleistungen, vor allem was die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung betraf. Immer wieder kommt es dazu, dass bei der Begutachtung durch den MD zwar Hilfebedarf festgestellt wird, der dazu benötigte Minutenwert aber unter der notwendigen Maßgabe liegt.
Dank der Pflegereform wurde die Lücke zwischen niedrigem Hilfsbedarf und klar festgestelltem Hilfsbedarf nun geschlossen. Damit besteht die Möglichkeit, dass auch Menschen mit einem niedrigen Bedarf an Unterstützung im Alltag die benötigte Hilfe erhalten.
Den Antrag auf Pflegegrad 1 richtig stellen
Ein Pflegegrad kann nur auf eigenen Antrag bei der Pflegekasse festgestellt werden. Wer bereits eine Pflegestufe hatte, wurde mit der Umstellung auf Pflegegrade im Rahmen der Pflegereform automatisch in einen Pflegegrad eingestellt. Da eine geringfügige Beeinträchtigung im bisher gängigen Pflegestufensystem noch nicht ausreichend erfasst war, muss dafür ein entsprechender Antrag gestellt werden.
Einzureichen ist der Antrag bei Ihrer zuständigen Pflegekasse, bei der Sie auch krankenversichert sind. Es reicht ein formloser Antrag. Antragssteller ist immer die pflegebedürftige Person oder eine rechtliche Vertretung. Ohne Vertretungsvollmacht können auch Sie als Angehörige den Antrag nicht stellen oder unterschreiben.
In dem Antrag muss lediglich der Wunsch formuliert sein, dass ein Pflegegrad festgestellt wird. Anbei können Sie aber auch bereits wichtige Dokument wie Arztbriefe oder weitere Bewilligungsschreiben beilegen, um ein umfassendes Bild der Pflegebedürftigkeit zu zeichnen.
Ist der Antrag bei der Pflegekasse angekommen, wird der Medizinische Dienst mit der Begutachtung beauftragt. Dieser wertet auch die mit dem Antrag eingereichten Unterlagen aus und nimmt eine persönliche Begutachtung vor.
Bei diesem Termin muss die pflegebedürftige Person unbedingt persönlich anwesend sein. Ist ein Termin aus Gründen in Präsenz nicht einzurichten, kann auch auf einen Telefontermin zurückgegriffen werden.
Das in der Folge erstellte Gutachten wird an die Pflegekasse übermittelt. In der Folge erhalten Sie dann eine Mitteilung, ob die Pflegebedürftigkeit anerkannt und in welchem Ausmaß zuerkannt wird. Entspricht dies nicht Ihren Erwartungen oder Einschätzungen, können Sie innerhalb von vier Wochen gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen.
Fazit
Mit dem Pflegegrad 1 erhalten Sie bereits wichtige Unterstützungsleistungen für Ihren Alltag. Dies gleicht leichte Einschränkungen aus und bewahrt damit Ihre Selbstständigkeit Zuhause. Auch für pflegende Angehörige gibt es bereits bei Pflegegrad 1 Leistungen, die die häusliche Pflege ermöglichen und insbesondere die Zeit des Einstiegs in die Pflege in akuten Situationen erleichtern.
Hier finden Sie weitere Informationen zu den restlichen Pflegegraden:
Weitere Artikel, die Ihnen gefallen könnten:
Pflegegrad 5 – Leistungen, Geld, Voraussetzungen & Tabelle
Pflegegrad 1 Voraussetzungen ✓ Leistungen ✓ Pflegeunterstützungsgeld ✓ Begutachtung MD ✓ Pflegehilfsmittel ✓ Wohnraumanpassung ✓ Antragstellung ✓